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Schmale Kost

28.11.2021 16:11 – Thomas Angeli

Die Wintersession findet mitten in einer weiteren Pandemiewelle statt. Das zwingt die sonst spendablen Lobbyverbände zur Zurückhaltung.

50, 60, in Spitzenzeiten über 70 – meist kulinarische – Anlässe für Parlamentarier:innen sind während einer Session keine Seltenheit. Nach fast zwei Jahren Pandemie und mitten in der fünften Welle sind die Lobbys in Bern jedoch zurückhaltend geworden. Während der Wintersession finden – Stand 28. November – gerade mal 32 Events statt, an denen die Mitglieder von National- und Ständerat verköstigt und mit Meinungen der Interessengruppen versorgt werden.

Den Auftakt machen am ersten Sessionstag zwei Schwergewichte: Im Hotel Bellevue Palace laden gleichzeitig der Versicherungsverband («Spitalzusatzversicherungen – Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind die Grundlagen für mehr Innovation») und Economiesuisse («Internationale Mindestbesteuerung: Fluch oder Segen») zum Diner.

Der Rest der ersten Sessionswoche ist geprägt von Einladungen von Parlamentarischen Gruppen, hinter denen aber in den meisten Fällen Interessengruppen oder Lobbyverbände stecken. Unter anderem reflektiert die Parlamentarische Gruppe Arbeit über Individualbesteuerung (30.11., Hotel Bern) und die Gruppe Kryptowährungen/Digital Assets lädt am gleichen Tag die Politiker:innen ins firmeninterne Restaurant Clé de Berne der Agentur FurrerHugi ein. Einen Tag später bewirtet die Auslandschweizer-Organisation Mitglieder von National- und Ständerat an einer «Frühstückssitzung» im Bundeshaus-Restaurant Galerie des Alpes.

In der zweiten Sessionswoche konzentrieren sich die Anlässe fast ausschliesslich auf den Dienstag: Im Hotel Bellevue lädt der Branchenverband der Maschinen- und Metallindustrie Swissmem zum «Politabend zur Klimapolitik» ein und die Schweizerische Public Affairs Gesellschaft will am gleichen Ort ebenfalls zu diesem Thema diskutieren («Energieversorgung in Zeiten der Klimakrise»). Nicht dabei sein werden vermutlich die Mitglieder der Radgruppe Bundeshaus, die in dieser Zeit im Velodrome in Grenchen einige Runden drehen.

Zum Auftakt der dritten Woche können sich die Politiker:innen auf Einladung der National League beim «Parlamentarischen Eishockeyabend» in der Postfinance Arena aufs Glatteis begeben (13.12.). Tags darauf geht es ruhiger zu beim traditionellen Sessionsanlass der Interpharma («Ist der Schweizer Forschungsstandort in Gefahr?»). Wem das nicht behagt, der besucht den Anlass der Parlamentarischen Gruppe Schifffahrt, die bei einem Mittagessen auffordert, man solle doch «Zum ökologischen Träger der Landesversorgung Sorge tragen!».

Unter anderem noch auf dem Programm: Der beliebte «Wurstanlass» der Parlamentarischen Gruppe Kultur, der Event des Informationsdiensts für den öffentlichen Verkehr Litra («Zukunft des Schienengüterverkehrs») und ein Anlass der Vereinigung der Schweizerischen Assetmanagement und Vermögensverwaltungsbanken mit dem Titel «Sustainable Finance als Opportunität für die Schweiz»

Fazit: Zwei Abende pro Sessionswoche dürfen die Parlamentarier:innen im Austausch gegen ihre Aufmerksamkeit richtig zulangen. An den übrigen Tagen steht lobbymässig eher schmale Kost auf dem Programm.

Bild: Atlasowa (cc-by-2.0)