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Bundesratswahl: Welche Lobby hätten Sie denn gern?

18.09.2017 07:14 – Thomas Angeli

Mann oder Frau? Tessin oder Romandie? Krankenkassen oder Spitäler? Eine Wahlhilfe für die Bundesversammlung.

Bundesratswahlen sind Persönlichkeitswahlen – aber nicht nur. Wenn die Bundesversammlung am Mittwoch ein neues Mitglied der Landesregierung bestimmt, so wählt sie auch einen neuen Interessenvertreter oder eine neue Interessenvertreterin. Ein Überblick über die Lobbyinteressen der Kandidierenden.

Als amtierender Genfer Regierungsrat darf Pierre Maudet nur Verwaltungsratsmandate halten, die er von Amtes wegen wahrnehmen muss. Interessenbindungen im engen Sinn hat Kandidat Maudet deshalb nicht. In seinem Heimatkanton Genf hat man jedoch ein grosses Interesse, wieder einmal einen bürgerlichen Bundesrat stellen zu können. Kaum war die Kandidatur des Regierungsrats bekannt, bildete sich in Genf ein Unterstützungskomitee, das die Vorzüge des 39-Jährigen in der Schweiz anpreisen sollte. Überhaupt zeichnete sich Pierre Maudet durch einen überaus umtriebigen Wahlkampf aus. Kandidat Maudet erklärte öffentlich, vor der Wahl möglichst viele Parlamentarier persönlich treffen zu wollen. Die Treffen selber fanden dann weniger öffentlich statt, teils sogar abseits des Bundeshauses, wie «10 vor 10» enthüllte. Die Fäden zog dabei Maudets Wahlkampfleiter und enger Berater Sebastien Leprat. Kein Zufall: Im Sommer hatte er plötzliche einen Zutrittsbadge zu den nicht öffentlichen Bereichen des Bundeshauses – als «Gast» des Genfer Freisinnigen Benoît Genecand. Maudet hat übrigens im Bundeshaus freien Zugang zur Wandelhalle, dies dank eines Zutrittsausweises von Hugues Hiltpold (FDP, GE).

Isabelle Moret erwischte einen denkbar schlechten Start in den Wahlkampf. Im Westschweizer Radio erklärte sie, nie vom Arbeitskreis Sicherheit und Wehrtechnik (Asuw) gehört zu haben. Tags darauf musste die Waadtländer Nationalrätin ihre Mitgliedschaft zugeben – und trat flugs aus dem Lobbygremium der Rüstungsindustrie aus. Nichts mehr wissen wollte Moret plötzlich auch von der Auslandschweizer-Organisation, in deren Vorstand sie sass (und zwei Tage vor der Wahl immer noch als Mitglied geführt wurde). Auch von diesem Posten – den sie im übrigen gesetzeswidrig nie deklariert hatte – trat Moret kurzerhand zurück. Wenig transparent zeigte sich Kandidatin Moret auch bei ihren Einkünften. Erst als es gar nicht mehr anders ging, erklärte sie, dass sie für das Präsidium beim Spitalverband H+ 40 000 Franken pro Jahr bekommt. Zu ihren übrigen Einkünften erklärte sie, sie verdiene wohl von allen drei Kandidierenden am wenigsten – eine Aussage, die in den Medien umgehend angezweifelt wurde.

Beim Thema Geld reagierte auch der Dritte im Kandidatenbunde eher schmallippig. Ignazio Cassis legte zwar seine Einkünfte offen, dies aber erst nach wiederholten Nachfragen. Gegenüber Lobbywatch hatte Cassis die Angaben im Sommer noch verweigert. Mit einem leicht durchsichtigen Manöver versuchte der Tessiner denn auch, die Kritik an seinem 180 000-Franken-Mandat beim Krankenkassenverband Curafutura und dem 30 000 Franken- Nebenverdient beim Heimverband Curaviva zu kontern: Er erklärte, für beide Verbände für die Dauer des Wahlkampfs nicht öffentlich aufzutreten und in dieser Zeit nur die Hälfte seines Lohns zu beziehen. Auch die Gefahr, als halber Italiener zu gelten, versuchte der ehemalige Tessiner Kantonsarzt auszuschalten: Er gab seinen italienischen Pass zurück.

Maudet? Moret? Cassis? Die Bundesversammlung entscheidet am Mittwoch nur am Rand über Kantonszugehörigkeit und Geschlecht.