24.05.2021 21:38 – Thomas Angeli
Drei prominente Politiker:innen wollen die parlamentarische Freundschaftsgruppe Schweiz-Russland wiederbeleben. Mit dabei: ein prominenter Gast – und unbekannte Geldgeber.
Wenn parlamentarische Gruppen gegründet werden, ist das normalerweise keine Meldung wert. Bei solchen Anlässen treffen sich eine Handvoll Politikerinnen und Politiker in einem Sitzungszimmer im Bundeshaus, weil sie sich parteiübergreifend mit einem Sachthema auseinandersetzen und nach Lösungen suchen wollen, und gründen die Gruppe ohne viel Aufhebens.
Die Freundschaftsgruppe Schweiz – Russland gab es schon in früheren Jahren. Ihre Wiederbelebung geht jedoch nicht einfach in einem Sitzungszimmer über die Bühne. Gemäss der ersten Einladung an die Mitglieder von National- und Ständerat sollte der Anlass ursprünglich im Nobelhotel Bellevue Palace stattfinden. Wenige Tage vor Sessionsbeginn wurde er dann ins Hotel Bern verlegt.1) Dorthin lädt die Gruppe am 1. Juni alle Mitglieder von National- und Ständerat ein. Damit diese auch kommen, ist Prominenz angekündigt: Fifa-Präsident Gianni Infantino soll dort sein, zusammen mit der Anti-Korruptionsexpertin Sylvia Schenk von Transparency Deutschland. Geleitet wird das Gespräch vom Zürcher Stadtrat und ehemaligen TV-Moderator Filippo Leutenegger. Laut «Tages-Anzeiger» ist auch der russische Botschafter, Sergei Garmonin, eingeladen. Sie seien «keine Putin-Claqueure», erklärte der designierte Co-Präsident Roland Büchel (SVP, SG) gegenüber dem «Tages-Anzeiger» und verwies auf die parteipolitisch breite Abstützung des Präsidiums: neben Büchel sitzen dort auch noch Fabian Molina (SP, ZH) und Heidi Z‘graggen (Mitte, UR).
Aber wenn eine parlamentarische Gruppe einfach so zu einer Veranstaltung mit hochkarätigen Gästen einlädt, kommt unweigerlich die Frage auf: Wer finanziert diesen Anlass?
Lobbywatch erkundigte sich bei Co-Präsident Roland Büchel – und wurde von diesem an den Tessiner alt Ständerat Filippo Lombardi verwiesen. Lombardi war von 2014 bis 2019 Präsident der parlamentarischen Gruppe gewesen. Erst auf Nachhaken antwortete Büchel schliesslich zur Finanzierung: «Der Verein Alpine Arena for Friendship sichert mit Gönnern das Budget des Anlasses, das sich auf jeden Fall in vernünftigen Grenzen hält.»
Doch woher hat diese Organisation das Geld? Die «Alpine Arena for Friendship» wurde 2017 von Lombardi, dem ägyptischen Investor Samih Sawiris und dem Andermatter Metzger und ehemaligen Gemeindepräsidenten Ferdi Muheim gegründet. Offizielles Ziel des Vereins ist die Förderung des interkulturellen Dialogs und die Promotion der Gotthard-Region. Wer die Website der «Alpine Arena for Friendship» anschaut, wird jedoch den Verdacht nicht los, dass dieser Dialog schwergewichtig mit Osteuropa geführt wird, sprich: mit Russland, Georgien und Belarus. Vereinspräsident Muheim präsentiert auf seiner Website denn auch stolz seine zwei offiziellen russischen Orden.
Pikant: Auch Filippo Lombardi galt schon zu seiner Zeit als Ständerat als ausgesprochener Freund Russlands, selbst als Putins Armeen die Krim besetzten und der Kreml dafür international geächtet wurde. Lombardi pflegt auch beste Beziehungen zum belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko. Ein Video aus dem Februar 2018 zeigt einen Hockeymatch in Minsk, bei dem die Veteranen des von Lombardi präsidierten HC Ambri-Piotta gegen eine Mannschaft antraten, bei der Lukaschenko persönlich mitspielte. Das Team des belarussischen Diktators schlug die Ambri-Veteranen 11:4, Lukaschenko konnte ein Assist verbuchen.
Es war nicht das erste Mal, dass Lombardi unter dem Deckmantel des Eishockey Politik betrieb: Die HCAP-Veteranen hatten schon 2014 eine Hockey-Reise nach Sotschi unternommen, wo Lombardi es schaffte, Putin medienwirksam einen Vereinsschal um den Hals zu legen. Gesponsert wurde die Reise damals laut «Schweiz am Sonntag» vom russischen Oligarchen Dmitry Bosov.
Wer hingegen den Parlamentarier-Abend im Hotel Bern bezahlt, bleibt ein Geheimnis. Filippo Lombardi erklärt, er sei nicht mehr Mitglied der Bundesversammlung, und somit müsse Roland Büchel antworten. Dieser schweigt, und auf Nachfragen reagiert auch Lombardi nicht mehr.
1) Die Verlegung des Anlasses vom Bellevue Palace ins Hotel Bern erfolgte, nachdem Lobbywatch Fragen zur Finanzierung des Anlasses aufgeworfen hatte. Auf eine schriftliche Anfrage zur Verlegung erklärt Roland Büchel, der Anlass werde «dort durchgeführt, wo es wegen der Covid-Situation am meisten Sinn macht».