30.04.2018 06:23 – Thomas Angeli
Strafverfahren und ein nicht ganz unerheblicher Interessenkonflikt: die letzte Woche brachte einiges zutage. Und sie zeigte: Transparenz ist wichtiger denn je.
Das Geschäft mit der Nummer 18.190 hat das Zeugs, zur Gretchenfrage für das Parlament in Sachen Lobbying zu werden: «Immunität von alt Nationalrat Christian Miesch. Gesuch um Aufhebung», heisst der Titel, und die Geschichte, die sich dahinter verbirgt, ist brisant: Miesch, Gründer und lange Jahre Sekretär der parlamentarischen Gruppe Schweiz – Kasachstan, hatte im April 2015 an den Lobbyisten Thomas Borer eine Rechnung über 4635 Franken gestellt für ein Senioren-GA 1. Klasse. Als Nationalrat besass der Baselbieter SVP-Politiker aber bereits ein vom Bund offeriertes Generalabonnement. Borer war zu dieser Zeit als Lobbyist für Kasachstan tätig – angeblich für ein Monatshonorar von 30 000 Dollar.
Als der «Tages-Anzeiger» diese Rechnung publik machte, wiegelten sowohl Miesch als auch Borer zuerst ab – um dann einzuräumen, dass es eine solche Rechnung gegeben habe, das Geld geflossen sei und dass es Nationalrat Miesch schliesslich zurückbezahlt habe. Nun aber interessiert sich die Bundesanwaltschaft für den Vorgang. Das Gesuch um Aufhebung von Mieschs parlamentarischer Immunität kommt von ihr, wie sie einen Bericht des «Tagesanzeigers» bestätigte. Stimmen die Immunitätskommission von beiden Räten zu, sieht sich der alt Nationalrat möglicherweise mit ein paar unangenehmen Fragen konfrontiert.
Soweit ist ein anderes Verfahren noch nicht. Der «Beobachter» vermeldete letzte Woche jedoch, dass sich die Staatsanwaltschaft Aargau für eine Reise nach Schweden und Deutschland interessiert, zu der die Nagra Parlamentarierinnen und Parlamentarier eingeladen hat, und bei der die Nagra alle Kosten trägt. Aufgrund einer anonymen Anzeige klärt die Staatsanwaltschaft jetzt die Zuständigkeit ab und prüft, ob die Bundesanwaltschaft diesen Fall übernehmen soll.
Das dritte Ereignis letzte Woche: ein Interessenskonflikt der besonderen Art bei CVP-Ständerat Stefan Engler. Der ehemalige Bündner Regierungsrat und Baudirektor ist Verwaltungsratspräsident der Baufirma Lazzarini AG und der Rhätischen Bahn (RhB). Nun büsste aber die Wettbewerbskommission letzte Woche die Lazzarini AG und sechs weitere Bauunternehmen mit 7.5 Millionen Franken wegen eines in der Schweiz bisher einzigartigen Kartells (die «Republik» rollte den Fall in einer bemerkenswerten Recherche auf). Engler will als Baudirektor nichts von der Sache mitbekommen haben – und sitzt jetzt als Verwaltungsratspräsident sowohl bei einem der Gebüssten (Lazzarini AG) als auch bei einer potentiell Betrogenen (der RhB).
Wieviel er für diese Mandate erhält, will Engler übrigens nicht angeben. Lobbywatch hat nachgeschaut, denn mindestens ein Geschäftsbericht ist öffentlich: Für den Job bei der RhB kassierte Engler im Jahr 2017 insgesamt 60 000 Franken und ein 1.Klass-GA. Da auch er bereits von Amtes wegen ein Generalabonnement besitzt, erhält er die 6300 Franken in Form von Reka-Checks.
Schluss mit dem Lobby-Versteckspiel! Es braucht mehr Transparenz! Dies fordern wir von Lobbywatch mit einer Petition. Wenn Sie die vorherigen Zeigen gelesen haben, wissen Sie auch warum. Helfen Sie uns, diese Petition zu einem Erfolg zu machen. Teilen Sie sie auf Facebook, Twitter und anderen sozialen Medien und machen Sie Bekannte und Freunde darauf aufmerksam. Vielen Dank!