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Coca-Colas unverfrorenes Polit-Sponsoring

25.03.2019 08:15 – Otto Hostettler

Hemmungsloser könnte Lobbying nicht sein: Der Getränkeriese Coca-Cola sponsert die aktuelle EU-Ratspräsidentschaft.

Es klingt wie ein schlechter Witz, ist es aber nicht: Der weltgrösste Getränkekonzern sponsert eine der wichtigsten Institutionen der EU: die EU-Ratspräsidentschaft. Und dies ausgerechnet in Zeiten, in denen Europa über eine Zuckersteuer auf Süssgetränken diskutiert und die EU sich mit der Frage beschäftigt, wie auf Lebensmittelverpackungen die Nährwerte verständlich angegeben werden sollen. Die Industrie sträubt sich bekanntlich seit Jahren mit allem Mitteln gegen eine solche Lebensmittelampel.

Als die Staatschefs von Europa nach Bukarest pilgerten, hiess nicht nur Rumänien, das dieses Jahr den EU-Rat präsidiert, die Gäste willkommen, sondern auch Coca-Cola. Als «Platinum»-Partner bezahlt der Getränkekonzern 40‘000 Euro. Dafür darf Coca-Cola Sitzkissen verteilen und Getränkeautomaten und Ladestationen für Mobiltelefone aufstellen, wie die Sendung «Monitor» von ARD berichtet.

Die deutsche Konsumentenorganisation Foodwatch nimmt kein Blatt vor den Mund und bezeichnet die Aktion von Coca-Cola als «unverholene Lobbyaktion»: «Das Sponsoring und der Einfluss der Lebensmittelindustrie auf die Politik muss beendet werden.»

Wer denkt, es gehe nicht mehr schlimmer, wird eines Besseren belehrt: Gesponsert wurden alle EU-Ratspräsidentschaften der letzten zehn Jahre. Einmal war es Microsoft, ein andermal Autokonzerne, der Energiekonzern Enel oder die Bank HSBC, wie die ARD weiter berichtet. 2014, als Griechenland den EU-Rat präsidierte, kostete ein «Major» Sponsoring 150‘000 Euro. Für den gleichen Betrag war man 2015 bei der Präsidentschaft von Lettland «Official Partner».

Wer eine Präsidentschaft sponsert, hat offensichtlich ein Interesse an der politischen Agenda. 2014 etwa unterzog die EU-Bankenaufsicht die Banken einem breit angelegten Stresstest – gleichzeitig sponserten Banken die griechische Ratspräsidentschaft. Oder als die EU über die Netzneutralität debattierte, war unter den Sponsoren auch Microsoft zu finden. Und selbstverständlich sponserten Konzerne wie BMW, Audi oder Mercedes den Ratsvorsitz, als Europa über Abgaswerte debattierte.

Alles ist ganz legal. Die ARD zitiert den Rat der EU mit folgender Stellungnahme: «Es gibt keine Regeln oder Gesetz, die solche kommerziellen Partnerschaften im Rahmen der EU-Präsidentschaft regeln. Es ist Sache der jeweiligen Präsidentschaft, über die genaue Form dieser Partnerschaften zu entscheiden.» So einfach ist Lobbying.