26.10.2018 04:01 – Thomas Angeli
Ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen lässt die Transparenz im Parlament weiterhin zu wünschen übrig: Nur ein knappes Viertel der Ratsmitglieder legen offen, wieviel sie mit ihren Mandaten verdienen.
«Im Sinn einer verbesserten Transparenz bitten wir Sie höflich, bei Ihren Interessenbindungen jeweils zu vermerken, ob sie ehrenamtlich ausgeführt werden bzw. wie hoch die jährliche Entschädigung ist.». 246 mal hat Lobbywatch im Frühjahr diese Anfrage verschickt und damit sämtliche Mitglieder von National- und Ständerat aufgefordert offenzulegen, für welche Engagements sie ausserhalb des Parlament sie bezahlt werden.
Erfreulich dabei: Im Bundeshaus sickert langsam – sehr langsam – die Erkenntnis durch, dass die Wählerinnen und Wähler einen Anspruch auf Transparenz haben. 61 Parlamentsmitglieder entschlossen sich dieses Jahr, ihre Einkünfte aus bezahlten Mandaten vollständig offenzulegen. Damit ist ein knappes Viertel der National- und Ständeräte transparent. 2017 waren es lediglich 51 gewesen. Weitere 18 Ratsmitglieder (2017: 17 Ratsmitglieder) geben immerhin teilweise an, wieviel sie mit ihren Mandaten verdienen.
Die Namen der vollständig und der teilweise transparenten eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden Sie hier.
Die Auswertung der eingegangenen Antworten zeigt aber auch, dass finanzielle Transparenz auch eine Frage der Amtsdauer ist. Exakt die Hälfte der transparenten Politikerinnen und Politiker sitzen weniger als zwei Legislaturen im Rat. Sprich: Tendenziell sind «amtsjüngere» Politiker eher transparent. Dass Gegenbeispiel, dass eine lange Amtsdauer nicht von Transparenz abhalten muss, liefert der grüne Waadtländer Nationalrat Daniel Brélaz: Er sitzt – mit Unterbrüchen – seit 39 Jahren im Bundeshaus – und legt über seine Einkünfte Rechenschaft ab.
Unter den Fraktionen schwingt die SP mit 60 Prozent vollständig transparenten Mitgliedern obenaus. Bei ihr dürfte die von ihr unterstützte Transparenz-Initiative ihre Wirkung zeigen. Den zweiten Platz sichern sich die Grünen (38.5 Prozent), gefolgt von der BDP (37.5 Prozent). Mit Ausnahme der BDP bekleckern sich die bürgerlichen Parteien in Sachen Transparenz nicht eben mit Ruhm. Die grösste Heimlichtuerei herrscht dabei bei der CVP. Nicht einmal jedes zehnte Fraktionsmitglied hält es für nötig, seine Finanzen offenzulegen.
Dies ist ein politisches Armutszeugnis für die bürgerlichen Parteien – und leider auch ein Abbild der herrschenden Stimmung im Bundeshaus. In der laufenden Legislatur wurden wiederum eine ganze Reihe von Vorstössen für mehr Transparenz abgelehnt. Lobbywatch bleibt dran und wird die Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch 2019 wieder auffordern, einen Blick in ihr Portemonnaie zu gestatten.
Ein Wort zur Systematik: Als vollständig transparent gelten Politikerinnen und Politiker, die sämtliche Einkünfte aus Verwaltungsratsmandaten, Tätigkeiten in Beiräten oder ähnlichen Körperschaften sowie aus Aktivitäten in Verbänden offenlegen – entweder auf ihrer Website oder auf Aufforderung von Lobbywatch hin. Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit werden von Lobbywatch zur Beurteilung der Transparenz nicht berücksichtigt. Als «teilweise transparent» gelten Ratsmitglieder, die nur einen Teil ihrer Einkünfte offenlegen.
UPDATE vom 19. November 2018: Drei Mitglieder des Nationalrats haben ihre Entschädigungen ganz oder teilweise nachgemeldet. Es sind dies Valérie Piller Carrard, Carlo Sommaruga (beide vollständig transparent) und Philippe Nantermod (teilweise transparent).