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Nationalrätin mit besonderen Beziehungen

27.11.2020 21:37 – Thomas Angeli

Die grünliberale Waadtländer Nationalrätin Isabelle Chevalley pflegt enge Beziehungen zur Regierung von Burkina Faso. Nun zeigt eine Recherche der Westschweizer Plattform «heidi.news», dass dabei ihre Rollen als Parlamentarierin und als Beraterin offenbar fliessend ineinander übergehen.

«Diese Initiative schadet der Wirtschaft von Burkina Faso»: Was Harouna Kaboré, Handelsminister des westafrikanischen Staats, Anfang November in Bern erklärte, war grobes Geschütz gegen die Konzernverantwortungsinitiative. Dazu kritisierte der Minister die Schweizer NGO Solidar Suisse massiv, weil das Hilfswerk unter anderem die Kinderarbeit in Burkina Faso anprangert. Mit am Tisch des afrikanischen Ministers: die grünliberale Waadtländer Nationalrätin Isabelle Chevalley, die Kaborés angeblich «private» Visite in der Schweiz organisiert hatte.

Nun zeigen Recherchen des Westschweizer Online-Mediums «heidi.news» (nicht online verfügbar), wie eng die Verbindungen Chevalleys zum westafrikanischen Staat sind. Die Nationalrätin bezeichnet sich selber als «offizielle Beraterin» des Präsidenten der burkinischen Nationalversammlung, Alassane Bala Sakande. Sie berate den Magistraten «punktuell zu Fragen der Abfallbewirtschaftung, der Landwirtschaft oder zu erneuerbaren Energien», lässt sie sich von «heidi.news» zitieren.

Mehr noch: Chevalley, die bei ihren regelmässigen Besuchen in Burkina Faso gelegentlich auch in Regierungsfahrzeugen herumchauffiert wird, besitzt seit 2017 einen Diplomatenpass des westafrikanischen Landes. Laut «heidi.news» soll Chevalley auch auf Einladung der Swiss Trading and Shipping Association, dem Zusammenschluss der grossen Schweizer Rohstoffhändler, in Afrika unterwegs gewesen sein. Chevalley hält dazu fest, dass sie die Reisekosten selber übernommen habe.

Die Recherchen von «heidi.news» zeigen zudem eine weitere heikle Verbindung. Wenn die Nationalrätin burkinische Minister in die Schweiz einlädt, ist oft auch Jürg Stäubli zur Stelle. Der Geschäftsmann wurde in den 1990er-Jahren berühmt, als in Genf sein Immobilienimperium zusammenkrachte und bei der Genfer Kantonalbank einen Schaden von rund 150 Millionen Franken hinterliess. Stäubli wurde dafür zu beinahe zwei Jahren Gefängnis unbedingt verurteilt, schaffte es danach aber innert kürzester Zeit wieder in die «Bilanz»-Liste der 300 reichsten Schweizer. Seither gibt er sich gern als Wohltäter und Freund von afrikanischen Staatschefs. So organisierte Stäubli 2017 auch einen Empfang für den burkinischen Präsidenten im exklusiven «Cercle diplomatique» in Genf.

Fotos auf Stäublis Website zeigen den Geschäftsmann und die Nationalrätin auch in einem Flugzeug, zusammen mit zwei hohen burkinischen Offiziellen. Gegenüber «heidi.news» dementierte Stäubli die Reise zuerst, erklärte dann aber, es handle sich bei dem Flugzeug lediglich um ein «kleines Flugzeug einer inländischen Fluggesellschaft» in Burkina Faso.

Eine Nationalrätin mit einem Diplomatenpass eines anderen Landes – das provoziert Fragen. Etwa diejenige, weshalb Chevalley ihr Engagement als persönliche Beraterin des burkinischen Parlamentspräsidenten gegenüber den Parlamentsdiensten nicht deklariert. Schliesslich müssen «dauernde Leitungs- und Beratungstätigkeiten für schweizerische und ausländische Interessengruppen» offengelegt werden. Offen ist auch die Frage, ob sie mit ihrem Diplomatenpass nicht gegen das Parlamentsgesetz verstösst. Denn «die Ausübung einer amtlichen Funktion für einen ausländischen Staat sowie die Annahme von Titeln und Orden ausländischer Behörden» ist gemäss Parlamentsgesetz verboten.

Das Büro des Nationalrats will sich laut «heidi.news» am kommenden Montag mit Chevalleys Engagement für den westafrikanischen Staat beschäftigen – einen Tag nach der Abstimmung über die von ihr mit burkinischer Hilfe bekämpften Konzernverantwortungsinitiative.

Korrigendum: In einer ersten Version des Textes hiess es, Isabelle Chevalley sei offizielle Beraterin des burkinischen Präsidenten. Korrekt ist, dass sie offizielle Beraterin des Präsidenten der Nationalversammlung ist. Chevalley legt zudem Wert auf die Feststellung, dass sie die Kosten für die Reise mit der Swiss Trading and Shipping Association selber bezahlt habe und nur sehr selten mit Fahrzeugen der burkinischen Regierung unterwegs sei. Zudem sei Jürg Stäubli nicht jedes Mal dabei, wenn ein burkinischer Minister in der Schweiz weile.