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Die Autolobby gibt Gas

22.12.2017 07:08 – Céline Graf

Das Parlament stellt sich hinter eine abgeschwächte Form der «Velo-Initiative». Trotzdem: Auf der Überholspur ist nicht die Velofraktion, sondern die Autolobby.

Das Velo kommt in die Bundesverfassung. Das Parlament hat den Gegenvorschlag des Bundesrats zur «Velo-Initiative» gutgeheissen. Neu sind im Gesetz Velowege gleichgestellt mit Fuss- und Wanderwegen. Der Bund fördert Velowegnetze aber nicht direkt, er unterstützt sie nur mit einer «Kann»-Formulierung.

Für die «Weltwoche» sind das genug Beweise: Die Zeitung von SVP-Nationalrat Roger Köppel ortet bereits eine «Velo-Manie» und «Lobbyallianz» aus Wanderern und Radlern im Parlament. Allerdings bleibt damit gar kein Superlativ mehr übrig für die Autolobby. Diese ist nämlich viel mächtiger, wie eine Auswertung von Lobbywatch zeigt. Eindrücklich ist nur schon eine Analyse von Organisationen, die Zugang zum Bundeshaus dank ihren Verbindungen zu Parlamentarierinnen, Parlamentariern oder deren Gästen haben:

Das Resultat dieser Lobbykraft widerspiegeln rund ein Dutzend Vorstösse für den Autoverkehr, die mehr oder weniger auf eine freie Fahrt abzielen. Dazu gehören das Rechtsüberholen auf der Autobahn, das Rechtsabbiegen bei Rot und diverse Massnahmen, welche die Fahrausbildung erleichtern. Eben erst hat der Ständerat die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn für Autos mit Anhängern oder Wohnwagen von 80 Stundenkilometern auf 100 erhöht, den vor nicht allzu langer Zeit eingeführten «Raserartikel» entschärft, den Ausschank von Alkohol an Autobahnraststätten erlaubt und die ärztlichen Führerschein-Kontrollen für Rentner von 70 auf 75 Jahre erhöht.

Nun darf sich der motorisierte Verkehrsteilnehmer über einen Nationalrat mehr freuen: Ignazo Cassis‘ Nachfolger Rocco Cattaneo, ehemaliger Präsident der FDP Tessin, ist Tankstellen-Unternehmer und sitzt im Vorstand der Schweizerischen Pflichtlagerorganisation für flüssige Treib- und Brennstoffe Carbura. Dieser lenkte allerdings die öffentliche Aufmerksamkeit zu seinem Amtsantritt mit einer Velotour lieber auf seine andere Berufung, den Radrennsport.