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Anlehnungsbedürftige Lobbyisten

29.10.2015 16:58 – Thomas Angeli

Gleich mehrere neugewählte Nationalräte schwören dem Lobbyismus ab. Wir nehmen das zu Protokoll und warten gespannt, wie lange die Nachwahl-Versprechen halten.

Dem «Blick» war das Thema gleich eine Drittelseite wert: «Kalte Schulter für Lobbyisten» titelte das Boulevardblatt vier Tage nach den Wahlen. Die Story: Bürgerliche Politiker erklären, dass sie die beiden Zutrittsausweise, mit denen sie Gästen Zutritt zum Bundeshaus ermöglichen können, nicht an Lobbyisten vergeben wollen. Eine Auswahl der Aussagen dazu:

  • Franz Ruppen (SVP VS): «Es kommt gar nicht in Frage, dass ich irgendwelchen Lobbyisten einen solchen Ausweis gewähre.»
  • Franz Grüter (SVP LU): «Es wäre schade um den Badge.»
  • Werner Salzmann (SVP BE), will die Ausweise der Parteisekretärin und seinem Vater überlassen.
  • Mauro Tuena (SVP ZH): «Ich wurde vom Volk gewählt, nicht von Lobbyisten.»
  • Claudio Zanetti (SVP ZH) will «grosse Zurückhaltung» üben.
  • Bei Thierry Burkart (FDP AG) hat die Kasachstan-Affäre «Spuren hinterlassen».
  • Marcel Dobler (FDP SG) hält das Badge-System für «überholt».
  • Thomas Ammann (CVP SG) wird möglicherweise einen Badge einem Familienmitglied überlassen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass gleich drei der erwähnten Politiker bereits über Erfahrung mit Zutrittsausweisen zum Bundeshaus verfügen: Franz Grüter konnte als Gast von Felix Müri unter anderem die Interessen des Internet-Providers green.ch, der BVG-Sammelstiftung PK-Aetas und der Hochschule Luzern vertreten. Werner Salzmann wiederum war Gast von Andreas Aebi, und Thierry Burkart ist in der Kasachstan-Affäre tatsächlich ein gebranntes Kind: Er gelangte dank einem Ausweis von Christa Markwalder in die Wandelhalle, gab diesen jedoch augenblicklich zurück, als Markwalder ins Zwielicht geriet. Sein damaliger Kommentar im «Blick»: «Ich wollte keine Probleme.»

Lobbywatch nimmt die Aussagen der Neugewählten zu Protokoll und wird wie bisher ein Auge darauf haben, wer im Bundeshaus wem Zutritt gewährt (und wie lange Nachwahl-Versprechen halten). Dies nicht nur bei bürgerlichen Politikerinnen und Politikern, sondern auch bei der Ratslinken. Denn selbst wenn Parlamentarier die kalte Schulter zeigen, können Lobbyisten anlehnungsbedürftig sein.