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Lobbyistenausweise: Das grosse Vergessen

17.12.2015 21:55 – Thomas Angeli

Die erste Session der neuen Legislatur ist zu Ende – und die Lobbyisten im Bundeshaus sind bereits wieder in guten Händen. Zu Hilfe kommen ihnen dabei vergessliche Parlamentarier.

So schnell werden gute Vorsätze von der Realität überholt. Noch Ende Oktober hatten einige Neo-Nationalräte im «Blick» beinahe empört erklärt, dass sie ganz sicher keine Badges an irgendwelche Interessenvertreter vergeben würden. Lobbywatch versprach damals im Auge zu behalten, wie ernst es die Neugewählten mit diesem Versprechen meinten. Und siehe da: Noch vor Ende der ersten Session haben bereits zwei der damals Zitierten Badges an Personen vergeben, die durchaus im Lobbygeschäft tätig sind.

Der Luzerner SVP-Vertreter Franz Grüter (O-Ton vom Oktober: «Es wäre schade um den Badge») weiss bereits beide Zutrittsausweise in guten Händen. Der eine ist im Besitz seiner Ehefrau Luzia Grüter, den anderen hält Susanne Felice-Tanner. Grüter deklariert sie als «persönliche Mitarbeiterin». Im Hauptberuf ist Felice-Tanner jedoch «Head of Corporate Communications» bei der Internet-Firma Green.ch, deren Verwaltungsratspräsident Grüter ist.

Auch der Oberwalliser SVP-Nationalrat Franz Ruppen («Es kommt gar nicht in Frage, dass ich irgendwelchen Lobbyisten einen solchen Ausweis gewähre») ist seine zwei Ausweise bereits los geworden. Ein Badge ging an den Oberwalliser SVP-Präsidenten und Rechtsanwalt Michael Graber. Mit dem zweiten Zutrittsausweis bedachte Ruppen seinen Wahlhelfer Marco Decurtins. Dieser führt in Naters eine Kommunikationsagentur, die gemäss Website unter anderem für Raiffeisen Schweiz arbeitet.

Eichenberger hat den Schreck verdaut

Auch eine altgediente Parlamentarierin hat gute Vorsätze über Bord geworfen: Corina Eichenberger, die Aargauer FDP-Nationalrätin, die in der letzten Legislatur der umstrittenen Lobbyistin Marie-Louise Baumann von Burson-Marsteller den Zutritt zur Wandelhalle ermöglicht hatte. Baumann hatte mit ihrer Lobbyarbeit für die kasachische Regierung die «Kasachstan-Affäre» ausgelöst. Als die Sache im Mai 2015 aufflog, entzog Eichenberger der Lobbyistin den Badge und verlangte auch gleich den Ausweis von ihrem anderen Gast Daniel Heller von der Lobbyfirma Farner Consulting zurück. Ein gutes halbes Jahr später ist der Schreck bei der Aargauer Nationalrätin offensichtlich verdaut: Eichenberger hat Heller den Badge zurückgegeben und gleich einen weiteren Gast mit einem Ausweis bedacht: Martin Schläpfer, Leiter der Direktion Wirtschaftspolitik der Migros, darf dank ihr weiterhin im Bundeshaus verkehren. Er hatte seinen Badge kurzzeitig verloren, weil sein vorheriger Gastgeber Jean-René Germanier (FDP VS) abgewählt worden war.

Lobbywatch.ch dokumentiert jeden Monat die Wechsel bei den Gästen der Parlamentsmitglieder. Als Basis dient die Liste der Zutrittsberechtigten der Parlamentsdienste. Die im Text erwähnten Personen sind möglicherweise noch nicht über die Suchmaske von Lobbywatch.ch zu finden. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr.