06.02.2017 06:01 – Thomas Angeli
Eric Martin lobbyiert – für Transparenz in der Politik. Aber der Präsident von Transparency Schweiz macht sich keine Illusionen: Verschwiegenheit habe hierzulande halt Tradition.
Herr Martin, als Präsident von Transparency International Schweiz lobbyieren Sie für mehr Transparenz. Wo liegt in der Schweiz das Problem?
Eric Martin: In der Schweiz gibt es mehrere Bereiche, in welchen wir zu wenig transparent sind. Das Parlament ist einer dieser Bereiche. Unsere Umfrage «Global Corruption Barometer» hat ergeben, dass zwei Drittel der Befragten überzeugt sind, vermögende Einzelpersonen könnten die Regierungspolitik beeinflussen.
Warum wehren sich National- und Ständeräte bis heute gegen mehr Transparenz, etwa bei Parteispenden?
Vermutlich weil die Parteien befürchten, die Spendentätigkeit würde zurückgehen. Zudem kommt in der Schweiz die Verschwiegenheit gut an. Man gibt nicht gerne Auskunft über die Vermögensverhältnisse. Das ist nicht nur in der Politik so, sondern auch in der Bevölkerung. Das ist so etwas wie eine Tradition.
Weshalb haben Lobbyisten einen schlechten Ruf?
Weil sie für Einzelpersonen – gegen Bezahlung – Einfluss auf die Politik nehmen. Für die Bevölkerung ist dies aber nicht transparent. Es gibt ja kein Register, in dem sich Lobbyisten eintragen müssen.
Was müsste die Politik tun?
Es braucht ein Lobbyistenregister. Zudem sollten Lobbyisten nicht nur offen legen, für wen sie arbeiten, sondern auch, wie sie dafür bezahlt werden.
Lobbywatch erarbeitet zurzeit eine neue Art der Visualisierung von Transparenz in der Politik. Bald ist diese neue Darstellung online. Welche Personen oder Lobbygruppen werden Sie zuerst nachschlagen?
Besonders interessant ist der Pharmabereich, hier sind Lobbyisten besonders aktiv. Auch im Finanzbereich ist das Lobbying sehr aktiv. Und natürlich auch in der Landwirtschaft.
Eric Martin ist Präsident von Transparency International Schweiz und früherer Schweizer Botschafter im Aussendepartement. Zwischen 2011 und 2013 war er Mitglied der Geschäftsleitung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und Delegierter des Bundesrats für Handelsverträge und Leiter des Bereichs Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen, Exportkontrollen und Sanktionen. Ausserdem ist er Mitglied des Patronatskomitees von Lobbywatch.
Transparenz ist nicht gratis. Lobbywatch.ch arbeitet derzeit an einer völlig neuen Darstellung von Interessenverstrickungen in der Politik. Wir wollen auf einen Blick ersichtlich machen, welche Politiker am Gängelband welcher Lobbygruppe hängt und welche Branche über welche Kanäle mit dem Bundeshaus verbunden sind. Für diese Visualisierung fehlen uns 15'000 Franken. Deshalb haben wir auf wemakeit eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Helfen Sie mit und sorgen Sie mit Ihrer Spende für mehr Transparenz.